Montag, 7. April 2014

Halbzeit - meine Zeit in Irland

Ein Semester Irland. Ein Semester Bier, Whiskey und raues Wetter. Jetzt ist Halbzeit - ein Zwischenfazit.

Ein Hurra?
Als ich vor neun Wochen in Dublin ankam, war ich erst mal überwältig von dem Neuen. Neue Stadt, neues Zuhause, neuer Verkehr (Linksverkehr), alte neue Sprache, alles ist neu und anders. Ich war neugierig, ein bisschen ängstlich, aber auch stolz, dass ich es bis nach Dublin geschafft habe. 
Danach kam erst mal die Ernüchterung und ein bisschen Wut. Vielleicht lag es daran, dass ich mit gewissen Erwartungen in das Land gekommen war. Ich weiß es nicht, aber mich hat in der ersten Woche so ziemlich alles angekotzt, und wenn etwas schief ging, habe ich mich unendlich geärgert.
Die Iren sind doch so genügsam, man sollte sie als Deutsche auf keinen Fall stressen, Iren sind freundlich und hilfsbereit usw. Ich muss wohl die falschen Iren getroffen haben, denn mein Hostel lag mitten im Zentrum und somit war ich die ersten Tage am Puls der Stadt. Jeder lief hektisch den Bürgersteig entlang. Doppelstockbusse, Taxis und Autofahrer kämpften auf der Straße ums Vorwärtskommen und um die Vorfahrt. Von wegen man soll die Iren nicht stressen, ich fühlte mich gestresst. Aber ich hatte vergessen, dass ich in der Hauptstadt bin und warum sollte sich diese von den anderen Hauptstädten in Europa so stark unterscheiden?
Doppelstockbusse in Dublin
Es gab nicht nur die hektischen Leute, es gab auch die wirklich freundlichen Iren. Oft wurde ich auf der Straße angesprochen, einfach so. Smalltalk, was ich hier mache, wo ich herkomme, ob wir nicht einen Kaffee zusammen trinken wollen. 
Hey, who are you, whats your name, where are you from???
Das waren die ersten echt netten Momente hier in Dublin. Hier wurden nicht nur meine Nerven auf die Probe gestellt, sondern auch mein Immunsystem. Vier Jahreszeiten an einem Tag sind durchaus möglich und nicht jeder verkraftet das. Viele Kommilitonen haben sich erkältet oder gar einen Virus eingefangen (mich eingeschlossen).
Ich habe dem Land keine Chance gegeben. Erst bei meiner ersten Reise außerhalb Dublins konnte ich so langsam die Verliebtheit einiger Irlandfanatiker verstehen, denn die Landschaft ist atemberaubend. Aber eigentlich hat mich Irland erst auf den „Aran Islands“ verzaubert. Diese werde ich sicher noch einmal besuchen, denn sie haben sich ihre irische Art bewahrt. Es gibt keine Hektik, die Leute sind sehr freundlich und hilfsbereit und hier spricht man auch noch „Gaelic".
Irland hat eine ziemlich gebeutelte Vergangenheit, schwankt zwischen dem englischen Erbe und den irischen Wurzeln. Seit den 1930er Jahren wird krampfhaft versucht die gälische Sprache zu verbreiten. In den Schulen wird sie unterrichtet, sie steht auf jedem Straßen- und Hinweisschild, auch die Ansagen in Bus oder Bahn ist in Gälisch und Englisch. Doch die meisten vergessen nach der Schulzeit ihre Sprachkenntnisse. Seit Jahrhunderten lernten die Iren Englisch um Chancen auf der ganzen Welt zu haben. Chancen im Sinne von Auswandern und Arbeit finden, vor allem in Australien und den USA. Irland ist ein Auswanderungsland, sei es durch politische Unruhen oder Hungersnot. Mein Dozent in „Irish Culture“ erklärte uns erst in der letzten Stunde, dass es an Leuten fehlt, die aufstehen und sich wehren. Wehren gegen das korrupte Land, gegen die Missstände, gegen die Misere der verschieden Einrichtungen, sei es das Gesundheitssystem, die Banken, Versicherungen, Immobilien, Polizei oder Kirche. Die Iren haben seit Jahrhunderten die gleiche Lösung: auswandern.
Ich war überzeugt, dass Irland ein starkes und fest verwurzeltes Land ist, dass weiß was es will. Doch nach und nach wird mir gezeigt, wie das Land zu kämpfen hat, in fast allen Bereichen. 
Halfpenny Bridge
Trotzdem ist diese raue Insel eine Reise wert oder das Auslandssemester, -jahr oder Studium. Man wird ein bisschen rauer und auch gelassener. Man muss nicht immer pünktlich sein, das Haus muss nicht immer wie geleckt aussehen und Regen ist kein Grund Zuhause zu bleiben.

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